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Megatrend Megacities

7. Dezember 2011

Seit 2007 leben mehr Menschen in Städten als auf dem Land und der Drang in die Städte hält an. Auch die Anforderungen an Infrastruktur, Wasser- und Energieversorgung steigen, worin Siemens ein Riesengeschäft wittert.

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Manila: Hütten aus Wellblech und Müll auf Stelzen über verschmutztem Gewässer Manila, Philippinen, Foto: dpa
Müllentsorgung, Infrastruktur, Energie: Der Bedarf in Megastädten ist riesigBild: picture-alliance/dpa
Ein Mann durchsucht eine Müllhalde in der Favela Rocinha am 02.12.2007 in Rio de Janeiro (Brasilien). Foto: dpa
Nicht nur in Rio de Janeiro müsste die Müllentsorgung verbessert werdenBild: picture alliance/dpa

Wenn es überhaupt vorwärts geht, dann meist nur im Schneckentempo. Wer sich durch das alltägliche Verkehrschaos der indischen Millionenstadt Mumbai schlagen muss, der sollte viel Zeit einplanen. Auf der anderen Seite der Erde wühlen sich täglich unzählige Müllsammler durch eine gigantische Müllkippe. Per Hand picken sie Brauchbares aus der stinkenden Masse, während die Abfallberge ständig weiter wachsen. Eine effiziente Müllentsorgung gibt es in Rio de Janeiro nicht. Trotz solcher Probleme zieht es überall auf der Welt immer mehr Menschen in die Städte.

Bis 2030, so schätzt die UNO, werden zwei von drei Menschen weltweit in Städten leben. Mit der Menge an Menschen wachsen aber auch die Herausforderungen. Denn sie alle müssen mit Energie versorgt werden, sie wollen mobil sein, sie brauchen Trinkwasser, Wohnraum und ihr Abfall muss beseitigt werden. Um das alles zu bewältigen, sollten Städte gut organisiert und gestaltet sein. Ein vielversprechendes Geschäftsfeld für Unternehmen wie beispielsweise Siemens.

Megacities mit Megawachstum

Dr. Roland Busch Member of the Managing Board of Siemens AG and CEO Sector Infrastructure & Cities, Foto: Siemens
Roland Busch: Städte sind ein vielversprechender ZukunftsmarktBild: Siemens AG

"Wir haben den Markt für Siemens analysiert: Das ist ein 300 Milliarden Markt", sagt Roland Busch, Vorstand bei Siemens gegenüber DW-WORLD.DE. Die Unternehmensberatung Booz & Company hat ausgerechnet, dass weltweit in den kommenden 30 Jahren rund 350 Billionen US-Dollar in den Ausbau und Betrieb von konventioneller städtischer Infrastruktur investiert werden müssen, um diese funktionstüchtig zu halten. Auf diesen Markt habe sich Siemens konsequent ausgerichtet mit einer neuen Geschäftssparte, die sich seit diesem Jahr auf Lösungen für Megastädte und Infrastruktur konzentriert. Busch steht dem neuen Bereich von Siemens vor. Eine der ersten Maßnahmen: Es werden spezielle Kompetenzzentren in London, den USA und China aufgebaut. Hier sollen sich die Städte darüber informieren können, wie sie ihre speziellen Probleme mit Siemens-Technologien lösen können. "Damit sind wir natürlich kompetenter Ansprechpartner für Städte, auch wenn es um die Vorfeldplanung geht", so Busch.

Eine Pilotanlage in Singapur verarbeitet 50 Kubikmeter Wasser am Tag und braucht dabei pro Kubikmeter nur 1,5 Kilowattstunden elektrischen Strom. Die bisher effizienteste Entsalzungstechnik, die Umkehrosmose, kostet mehr als doppelt so viel Energie. Foto: Siemens
Siemens hat den Energieaufwand für die Entsalzung von Meerwasser mehr als halbiert.Bild: Siemens AG

Solche Zentren sind nötig, da Städte in der Regel keine richtig innovativen Kunden seien, erklärt Busch. "Städte suchen weltweit nach Lösungen, die funktionieren." Sie wollen sich solche Lösungen vor Ort anschauen können. Natürlich brauche Siemens auch immer wieder Leitkunden, die bereit seien, etwas ganz Neues ausprobieren. Ein solcher Leitkunde ist beispielsweise Singapur. Zusammen mit dem Stadtstaat entwickelt Siemens neue Technologien, um effizienter Meerwasser zu entsalzen.

Viele der Hybridbusse in London nutzen Technologie von Siemens. Foto: Siemens
Auf vielen Routen in London dürfen nur Hybridbusse fahrenBild: Siemens AG

Eine erfolgreiche Lösung im Bereich Verkehrsbewältigung habe Siemens in London implementiert, erklärt Busch. In der britischen Hauptstadt wurden verschiedene Verkehrsmittel miteinander vernetzt. Siemens lieferte viele der Züge im Nah- und Fernverkehr. Das eingeführte Maut-System arbeitet zum Teil mit Technologie der Münchner. Die Busflotte wurde mit Hybrid-Antrieben ausgerüstet und mit einem GPS-System versehen, um sie zielgerecht zu steuern. "Das alles hat dazu geführt, dass in London der Verkehr um 20 Prozent reduziert ist, der Verkehrsfluss sich hingegen um 37 Prozent erhöht hat. Und wir pro Jahr 150.000 Tonnen CO2 einsparen", so Busch.

Finanzierung in Entwicklungsländern

Gebäude in Berlin, das Energiesaniert wird, Foto: Siemens
Berlin spart durch die Partnerschaft mit Siemens Millionen an EnergiekostenBild: Siemens AG

In London mag eine solche Verkehrsoptimierung klappen, aber wie sieht es aus in Entwicklungsländern? Während in den wohlhabenden Industrieländern schon heute drei Viertel der Menschen in Städten leben, steht in vielen weniger entwickelten Ländern der Drang in die Städte erst am Anfang. Somit ist auch der Bedarf nach Verkehrsplanung oder effizienten Gebäuden, nach Abfallmanagement oder klimafreundlicher Energieversorgung in Entwicklungsländern besonders groß. Auf der anderen Seite ist aber gerade hier die Finanzkraft meist besonders schwach.

Investiert würde trotzdem, meint Busch, weil sonst der Wachstumsmotor der Städte ins Stottern geriete. "Manchmal sind uns sogar die Städte am liebsten, die wirklich klamm mit Geld sind, denn genau dafür bieten wir Lösungen an, die den Städten helfen." So könne Siemens den Energieverbrauch von Gebäuden in einer Stadt analysieren und prognostizieren, wie viel investiert werden müsse, um den Energieverbrauch zu reduzieren. Dann würde Siemens die Finanzierung komplett übernehmen. "Wir teilen dann die Einsparungen, die durch den geringeren Energieverbrauch entstanden sind und finanzieren das Projekt sozusagen damit." Für Busch eine klassische Win-Win-Win-Situation, denn die Stadt reduziere ihren Energieverbrauch und spare Kosten, Siemens mache ein gutes Geschäft und der Umwelt helfe es auch.

Autorin: Insa Wrede

Redaktion: Henrik Böhme