Sierens China: Trumps erster Aufschlag
25. November 2016Lange hat es nicht gedauert: Schon zwei Wochen nach seiner Wahl hat Donald Trump es geschafft, die Bedenken zu bestätigen, die die Asien-Pazifik Staaten gegenüber ihm haben. Noch bevor er überhaupt im Amt ist, lässt er verlauten, dass die USA in seiner Amtszeit nicht der Trans-Pazifischen-Partnerschaft, kurz TPP, beitreten werden. Das größte Freihandelsabkommen der Welt hatte der scheidende US-Präsident Barack Obama sieben Jahre lang verhandelt, bis es im Februar zwar von allen Staaten unterschrieben, aber bisher noch nicht von allen ratifiziert wurde.
TPP war allerdings immer schon ein politisch sehr aufgeladenes Handelsabkommen. Denn die zwölf transpazifischen Staaten wollten ein Handelsabkommen abschließen ohne einen der wichtigsten Anrainer - ohne China. Die Stoßrichtung war klar: Die Dominanz Chinas in der Region sollte geschwächt werden. TPP war ein Teil der amerikanischen "Pivot to Asia" Strategie, mit der Washington seinen Einfluss in Asien sichern wollte.
Amerikanischer Rückzug
Trump interessiert dieses Thema offensichtlich nicht und er brüskiert damit vor allem Japan und Australien. Der japanische Premierminister Shinzo Abe war vergangene Woche eigens in die USA gereist um Trump umzustimmen - vergeblich. Der designierte US-Präsident will nun jeweils bilaterale Abkommen schließen. Bei diesen Abkommen will er mehr für die Amerikaner herausholen. Das dauert jedoch. Und ob ihm das wirklich gelingt, ist eine ganz andere Frage. Insofern ist es ein kluger politischer Schachzug: Trump tut formal, was er versprochen hat, und kauft sich Zeit für das Kleingedruckte. Ob das im Ergebnis dann wirklich ein Angriff auf den Freihandel wird, steht noch in den Sternen.
Peking jedenfalls kann derweil diesen Freiraum nutzen seinen eigenen Freihandelspakt zu schmieden, der Trump nicht interessiert, weil er nicht unmittelbar mit den USA zu tun hat. Denn in der regionalen Wirtschaftspartnerschaft Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) sollen die ASEAN-Staaten sowie Australien, China, Indien, Japan, Südkorea und Neuseeland an einem Strang ziehen. China will so auch seinen ärgsten Rivalen Indien für seine Version des Freihandels gewinnen. Peking setzt also - anders als die USA - auf Integration anstatt auf Ausschluss der mächtigsten Wettbewerber. Das ist klug. Denn Peking könnte als nunmehr unangefochtener Platzhirsch auch einen anderen Weg einschlagen.
Chinas Präsident Xi Jinping betont: "China wird seine Türen nicht vor der Außenwelt verschließen, sondern weiter öffnen." Daran sollte ihn der Westen erinnern, wenn wieder neue Regelungen auftauchen, die den Marktzugang in China schwieriger machen. China profitiert jetzt zwar von dem Vorstoß Trumps. Dennoch hält sich die Freude in überschaubaren Grenzen. Denn jetzt ist auch klar: Es wird für China in Zukunft schwieriger werden, Produkte in die USA zu verkaufen. Lange, schwierige Verhandlungen stehen bevor.
China will kooperieren
Bei seinem ersten Telefongespräch mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hat Trump vergangene Woche immerhin deutlich gemacht, dass "Kooperation die einzige und richtige Wahl für China und die Vereinigten Staaten ist". Um seinen Worten Nachdruck zu vermitteln, kündigte die parteinahe Zeitung Global Times gleich am Tag des Gesprächs noch an, dass China Gegenmaßnahmen ergreifen werde, wenn die USA die von Trump angedrohten Strafzölle verwirklichen würden. Der "gigantische" Handel zwischen China und den USA würde durch Zölle "paralysiert werden", so die Zeitung. Chinas Reaktion auf Trumps angekündigten Protektionismus würde sich deshalb nicht allein in Strafzöllen erschöpfen. "Importe von Sojabohnen und Mais aus den USA werden gestoppt", heißt es, und Boeing-Bestellungen würden durch Airbus ersetzt, Verkäufe von "US-Autos und von iPhones werden Rückschläge" erleiden. Ein "gewitzter Geschäftsmann" wie Trump, so heißt es weiter in dem Artikel, sollte nicht so naiv sein, es auf eine Kraftprobe mit China ankommen zu lassen.
Trump wiederum will verhindern, dass die chinesischen Importe zu Lasten der einheimischen Arbeitskräfte gehen. Allerdings muss er aufpassen, dass die "Made in China"- und die neuen "Made in USA"-Produkte nicht teurer werden. Denn das wirkt sich unmittelbar auf die Kaufkraft der Amerikaner aus. Wenn es eine Folge der Politik Trumps wird, dass Amerikaner in Zukunft mehr Geld bei Walmart für die mit Zöllen belegten "Made in China"-Produkte bezahlen müssen, oder die "Made in USA"-Produkte nicht genauso billig hergestellt werden können, wie die chinesischen, dann könnte sich die Stimmung schnell gegen ihn drehen. Insofern ist die Aufkündigung des TPP ein relativ einfacher erster Aufschlag. Das Spiel jedoch hat Trump noch lange nicht gewonnen.
Unser Kolumnist Frank Sieren lebt seit über 20 Jahren in Peking.