So kämpfen Deutschlands Kandidaten um Wähler und ihre Stimmen
Die Bundestagswahl steht vor der Tür. Politiker, die am 24. September gewählt werden wollen, sind im Endspurt ständig im Einsatz. Wir haben sie dort besucht, wo sie kämpfen: vom Boule-Platz bis zum Fernsehstudio.
Wenn öko, dann auch richtig!
Bündnis 90/Die Grünen sind bekannt als Deutschlands Ökopartei. So lassen die Mitglieder in Osterode - einer 24.000 Einwohner-Stadt mitten in Deutschland - ihre Kandidatin Viola von Cramon mit einem E-Bike zur Wahlveranstaltung reisen. Es ist ein eher kleines Treffen im Freien, am Rande von Osterode.
"Wir boulen um jede Wählerstimme"
Dieses Wortspiel ist das Motto der kleinen Wahlkampfaktion der Grünen in Osterode. Es gibt ein Boule-Turnier, an dem jeder teilnehmen kann. Nebenbei wird Biowein, Biobier (alkoholfrei), Bio-Apfelsaft, Biokäse und Biobrot gereicht. Die Spitzenkandidatin für das Bundestagsmandat des Ortes, Viola von Cramon, steht Interessierten Rede und Antwort; wer möchte, kann sich direkt bei den Grünen anmelden.
Grüne unter sich
Viel Zulauf hat das kleine Grünen-Grüppchen an diesem Tag allerdings nicht. Die Boule-Spieler bleiben unter sich und boulen eher um Punkte als um Stimmen. Da sind sie nämlich ganz genau - wie die französischen Profis. Die Boule-Bahn ist vor Jahren von den Osteroder Grünen angelegt worden und wird regelmäßig bespielt.
"Rote Party" im Kölner Problemviertel
Wo 75 Prozent der Menschen einen Migrationshintergrund haben, muss man sich was einfallen lassen. Also gibt es mitten in Köln-Chorweiler ein Beisammensein der Partei Die Linke mit Kicker, Grillstand, Getränken, Luftballons und Spielsachen für Kinder. Die Wahlhelfer versorgen die Menschen mit Geschenken und Infos. Auch wenn die meisten hier keinen deutschen Pass haben und gar nicht wählen dürfen.
Zuhören und in der gleichen Sprache sprechen
Die Kandidatin für Die Linke im Bezirk Köln-Chorweiler ist Güldane Tokyürek - ihre türkische Herkunft öffnet ihr hier einige Türen. Sie wird von einem Gespräch ins nächste gezogen. Sie will, dass die Menschen sich hier nicht "abgehängt" fühlen, sondern dass sie sich bewusst werden, dass auch sie ein Teil der Gesellschaft in Deutschland sind.
Diskussion um linke Thesen
An einer Wand können die Leute sich die Thesen der Linken anschauen, ihnen zustimmen oder sie ablehnen. Ein Besucher ist gegen den gesetzlichen Mindestlohn von zwölf Euro. Auf Nachfrage antwortet er, das sei noch zu wenig. Andere diskutieren über die Aussagen und lassen sich vieles erklären. Es sind einige hier, die grundsätzlich Sympathie für die Partei haben, ihr aber nicht in allem zustimmen.
Fast besser als im Bierzelt: Das Vereinsheim
Die Einwohner des kleinen Ludwigschorgast bei Kulmbach in Oberfranken werden aus ihrer dörflichen Ruhe gerissen, als CSU-Kandidatin Emmi Zeulner mit CDU-Größe Wolfgang Bosbach auftritt. Das Vereinsheim des ansässigen Fußballclubs ist mit blau-weißen Deckchen, CSU-Fahnen und Plakaten dekoriert. Aus dem ganzen Landkreis sind die Zuhörer gekommen, um Bosbach zu hören und mitzureden.
Kontroversen erwünscht
Tatsächlich wird nicht nur Bier getrunken, wie von bayrischen Wahlveranstaltungen vielleicht angenommen wird. Beherzt diskutieren die Anwesenden mit den beiden Unionspolitikern. Da kommt vieles zur Sprache - vor allem das Thema "deutsche Leitkultur": Es geht um "echten" und "falschen" Patriotismus und eine Obergrenze für Flüchtlinge. Die charmante Emmi Zeulner nimmt der Diskussion die Schärfe.
Stiller Beobachter
Dieser Mann schaut sich das Spektakel eher skeptisch an. Tatsächlich sind nicht nur Wähler der Christdemokraten CDU/CSU ins Vereinsheim gekommen. Die Union hat viele ihrer Wähler an die rechtspopulistische AfD verloren - die CDU ist ihnen nicht mehr konservativ genug. Im Publikum dieses Wahlabends hört man jemanden murmeln: "Ich wähle trotzdem die AfD."
Jubelchor vor der TV-Sendung
An die 100 gut gelaunte Jungsozialisten - dem Nachwuchs der SPD - sind nach Lübeck gekommen, um ihrem Spitzenkandidaten vor einer Wahlkampfsendung nochmal so richtig einzuheizen. Mit "Martin! Martin"-Sprechchören und La-Ola-Wellen, Seifenblasen und Spruchbändern begrüßen sie SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz.
Da muss er einfach kurz hin
Martin Schulz, umringt von Sicherheitsleuten, geht auf seine jungen Parteigenossen zu, lässt ein paar Selfies machen und richtet ein paar aufmunternde Worte an die Gruppe. Gleich muss der SPD-Kanzlerkandidat und Merkel-Herausforderer Schulz ins Fernsehen, um sich ein letztes Mal medienwirksam den Fragen des Publikums zu stellen.
Eine Minute für die Presse
Im Studio sitzt schon das Publikum und wartet auf den SPD-Kanzlerkandidaten. Als Martin Schulz reinkommt, dürfen die Fotografen kurz knipsen - jeder bekommt von Schulz einen Blick in die Kamera, alles ist streng durchchoreografiert. Husch-husch muss die Presse wieder raus - gleich beginnt die ARD-Sendung "Wahlarena". Hier gibt Martin Schulz seinen letzten großen TV-Wahlkampfauftritt.
Wahlkampf in der Shisha-Bar
"Bundesversammlung" der Mitglieder der Satire-Partei "Die PARTEI". Für eine Wahlkampfparty haben sich PARTEI-Mitglieder aus ganz Deutschland im ostdeutschen Frankfurt (Oder) getroffen. Dafür haben sie kurzerhand eine Shisha-Bar am Bahnhof annektiert. Mit Flaggen und grauen Anzügen machen sie - nicht nur - einen seriösen Eindruck. Ähnlichkeiten mit anderen Gruppierungen sind hier gewollt.
"Mindesthirn für alle!"
Kilian G. ist 21. Und ein großer Freund von Humor und Satire, ohne sich für eine politische Richtung entscheiden zu wollen. "Wir sagen, wir sind 'die radikale Mitte'. Und das passt ja!" Eine PARTEI-Spezialität sind Wortspiele. Die Gags erreichen nicht jeden; so mancher Neugierige wünscht sich mehr politischen Inhalt. Über den Humor will DIE PARTEI Menschen für Politik sensibilisieren.