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Stichwort: Mitarbeiter-Daten

Ulrike Mast-Kirschning16. Februar 2009

Mehrfache Fälle von illegaler Überprüfung von Mitarbeiter-Daten haben eine Diskussion über die Gesetze zum Schutz von Arbeitnehmern entfacht. Wie sieht die deutsche Rechtsgrundlage aus? Sind neue Vorschriften notwendig?

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Symbolbild: Datenliste mit Stift (Quelle: dpa)
Datenüberprüfung von Mitarbeitern in Unternehmen - wie weit dürfen Arbeitgeber gehen?Bild: picture-alliance/ dpa

Nach den Skandalen über die Bespitzelung von Mitarbeitern per Videokamera in Discounter-Supermärkten (Aldi und Lidl) im vergangenen Jahr bewegen die Deutschen zwei neue Fälle: zwei Großunternehmen - der mehrheitlich privatisierte Telekom-Konzern und die noch in staatlicher Regie geführte Deutsche Bahn - haben in ihren Betrieben die persönlichen Daten von Beschäftigten offenbar im großen Stil durchleuchtet.

Symbolbild: Figuren von Bahn-Mitarbeitern durch eine Lupe betrachtet (Quelle: dpa)
Bei der Bahn wurden massenhaft Mitarbeiter-Überprüfungen durchgeführtBild: picture-alliance/dpa

Weil das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aber ein Grundrecht in Deutschland ist, verbietet das Datenschutzgesetz eine solche Form der Datenverarbeitung. Angesichts der erschreckenden Praktiken bei der Bahn - einem der größeren Arbeitgeber in Deutschland - fordert die Gewerkschaft der Polizei jetzt ein Gesetz, das die systematische Überwachung der Beschäftigten auf Verdacht verbietet.

Gesetz existiert bereits

Datenschützer verweisen dagegen auf bereits bestehende Regelungen. Die Speicherung und Verarbeitung personenbezogener Daten sei ohnehin nur dann erlaubt, wenn es dazu eine zulässige Rechtsvorschrift gäbe. Im Arbeitsverhältnis geschieht dies etwa mit einigen persönlichen Daten der Mitarbeiter zur Weitergabe an die Sozialversicherung oder die Bank, zur Auszahlung des Gehaltes. Dabei ist jeder Verarbeitungsschritt auf den Zweck begrenzt. Ein Abgleich von Konto-Daten von rund 8000 Mitarbeitern mit den Bankdaten von Kunden und Auftraggebern, wie angeblich bei der Bahn mehrfach geschehen, gehört nicht zum Zweck der Gehaltszahlung, ist also grundsätzlich nicht zulässig.

Einzig die Betriebsräte hätten im Mitbestimmungsverfahren durch Abschluss einer Betriebsvereinbarung die notwendige Rechtsgrundlage für einen solchen Datenabgleich schaffen können, was sie aber offenbar nicht getan haben. Auch die öffentliche Begründung der Bahn, man habe Korruption im Unternehmen aufspüren wollen, erlaubt eine solche Verarbeitung von persönlichen Daten nicht. Beschäftigte dürfen eben gerade nicht unter einen derartigen Generalverdacht gestellt werden.

Weil die bekannt gewordene Daten-Überprüfung möglicherweise nicht einmal aus Nachlässigkeit, sondern aus Vorsatz geschehen ist, haben einzelne Mitarbeiter und eine Betriebsrätin Strafanzeige gestellt und die Staatsanwaltschaft ermittelt. Das Bundesdatenschutzgesetz sieht für diesen Fall empfindliche Haftstrafen vor. Aber auch Nachlässigkeit hat beträchtliche Geldstrafen zur Folge.

Datenschützer skeptisch über neue Rechtsvorschrift

Wolfgang Schäuble (Quelle: dpa)
Bundesinnenminister Wolfgang SchäubleBild: picture-alliance/ dpa

Wenn Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble in diesem Zusammenhang nun die erneute Forderung nach einem speziellen Arbeitnehmer-Datenschutzgesetz prüft, sehen Datenschützer dies mit gemischten Gefühlen. Zum einen, weil er sich bei den so genannten Antiterrorgesetzen eher durch eine Aufweichung und Verwässerung des Datenschutzes einen Namen gemacht, zum anderen, weil bereits das bestehende Gesetz die öffentlich gewordenen Praktiken der Bahn verbietet.

Sollte sich der Verdacht bei der Bahn bestätigen, mangelt es daher weniger an spezifischen Regelungen zum Datenschutz, sondern an der Umsetzung des bestehenden Gesetzes in die betriebliche Praxis. Dass dies aber zu den Grundpfeilern der Demokratie in Deutschland gehört, hat das Bundesverfassungsgericht bereits wiederholt bestätigt: das Recht auf informationelle Selbstbestimmung hat Verfassungsrang, steht jedem Bürger und damit auch jedem Arbeitnehmer zu. Das Ausspionieren von Arbeitnehmern ohne Rechtsgrundlage und ohne jegliche Information an die Betroffenen ist deshalb zweifelsfrei rechtswidrig und damit verboten.