Tumulte in Düsseldorf
16. Mai 2012Es war ein Spiel, über das noch lange geredet werden wird – und der sportliche Ausgang stand trotz des Finalcharakters lange im Hintergrund. Düsseldorf reichte nach dem 2:1-Auswärtserfolg im Hinspiel ein 2:2 (1:1)-Unentschieden gegen Hertha BSC, doch es war lange nicht klar, ob das Spiel überhaupt eine Entscheidung bringen würde. Weil eine Minute vor Ende der Nachspielzeit hunderte Fortuna-Fans den heimischen Rasen gestürmt hatten, kam es fast zum Spielabbruch.
Bereits vorher hatte Schiedsrichter Wolfgang Stark die Partie zweimal unterbrechen müssen, weil Feuerwerkskörper auf das Spielfeld geflogen waren. Nun wartete er 20 Minuten ab, ob die Situation im Stadion in den Griff zu bekommen war und der Innenraum komplett geräumt werden konnte. Erst danach ließ er kurz weiterspielen. Doch Tore fielen nicht mehr. "Ich hatte es mir ein wenig anders vorgestellt und bin sehr reserviert", sagte Fortuna-Verteidiger Jens Langeneke direkt nach dem Abpfiff. "Das ist nicht schön." Dem Berliner Christian Lell war die Enttäuschung anzumerken, dennoch fand er treffende Worte: "Wir waren in der gesamten Rückrunde nicht erstligareif. Wir sind alle maßlos enttäuscht."
Blitzstart für Düsseldorf
Auch zu Beginn des Spiels wurde es turbulent auf dem Rasen. Es waren gerade einmal 30 Sekunden gespielt, da fiel schon das erste Tor: Düsseldorfs Maximilian Beister gewann einen Zweikampf an der Mittellinie, setzte zu einem Sololauf an und hämmerte den Ball aus 25 Metern zum vielumjubelten 1:0 in die Maschen. Ein Traumstart für die Fortuna – der absolute Alptraum für Berlin. Die Vorzeichen hatten sich jedoch gar nicht geändert: Durch die 1:2-Niederlage im Hinspiel hätte die Hertha sowieso zwei Tore schießen müssen.
Das hatten die Berliner wohl auch im Hinterkopf. Nach den ersten Schockminuten besannen sie sich auf ihre Chance und kamen in der 23. Minute nach einer Standardsituation durch Änis Ben-Hatira zum 1:1-Ausgleich.
Platzverweis und bengalische Feuer
Ben-Hatira stand auch in der zweiten Halbzeit im Mittelpunkt – allerdings mehr als unrühmlich. In der 54. Minute wurde er nach wiederholtem Foulspiel mit Gelb-Rot vom Platz verwiesen. Kaum fünf Minuten später nutzte Fortuna die Überzahl und kam durch den zum zweiten Durchgang eingewechselten Ranisav Jovanovic zum 2:1. Danach musste die Partie kurzzeitig unterbrochen werden, da wiederholt Feuerwerkskörper auf den Platz flogen. In beiden Fanblöcken brannten bengalische Feuer. Spieler und Verantwortliche gingen auf ihre Anhänger zu und mahnten zur Vernunft, nach wenigen Minuten konnte es weitergehen.
Berlin brauchte nun zwei Tore, um die Klasse zu halten. Ein schweres Unterfangen in einem Auswärtsspiel und das nur zu zehnt. Die Düsseldorfer Zuschauer feierten ihre Mannschaft und trieben sie immer wieder nach vorn. Rehhagel schaute auf seiner Trainerbank konsterniert drein, Geschäftsführer Michael Preetz schüttelte den Kopf. Und dann kam Berlin doch noch einmal zurück: Ramos und Raffael durchdribbelten die Düsseldorfer Abwehr und Raffael erzielte den 2:2-Ausgleich (85.). Erneut musste daraufhin das Spiel unterbrochen werden, weil wieder Böller und Feuerwerkskörper gezündet wurden.
Hochspannung bis zum Ende
Nur noch ein Tor war Hertha vom Klassenverbleib entfernt – Düsseldorf verlagerte sich auf die Defensive. Sieben Minuten Nachspielzeit gab es wegen der Unterbrechungen – sieben lange Minuten für Düsseldorf. Denn Berlin drehte auf, erarbeitete sich Ecken und Freistöße. Düsseldorf lauerte auf Konter – und als Jovanovic allein vor dem Berliner Tor scheiterte, brachen bei den Fans die Dämme: Zu Hunderten und von allen Seiten strömten sie auf den Rasen und riskierten damit einen Spielabbruch. Die Spieler flüchteten in die Katakomben, beschlossen aber, nach der langen Unterbrechung weiterzuspielen.
Das Ergebnis: Fortuna Düsseldorf entthronte König Otto und dessen Hertha aus Berlin. Der Dritte der zweiten Liga setzte sich verdient gegen den 16. der Bundesliga durch und darf nach 15 Jahren Bundesliga-Abstinenz wieder in Deutschlands höchster Liga auftreten. Berlin ist zum sechsten Mal abgestiegen.