Die Zahl der menschenleeren Dörfer in Ungarn liegt zwischen 200 und 400. Im Dorf Salomfa im Südwesten Ungarns lebten bis 1973 neun Familien. Nach dem Fall des Kommunismus gab es dort keine Zukunftsaussichten mehr: Die Älteren verstarben, die Jüngeren ließen alles hinter sich und zogen in die Städte. Und so wurden die Häuser dem Verfall überlassen.
Doch vor drei Jahren kauften Krisztina und Jens-Uwe Köbis, zwei ungarisch-deutsches Eheleute, ein verfallenes Bauernhaus. Sie begannen, Ackerbau und Viehzucht zu betreiben und versorgen sich nun fast vollständig selbst. Sie haben nämlich Schafe, Ziegen, Hühner, Kühe, Schweine, Kaninchen und Pferde. Sie pflanzen Obst und Gemüse an, sie stellen Milchprodukte her. Sie kaufen nur noch das, was sie nicht selbst produzieren können. Und so retten sie langsam das einst verlassene Dorf.
Hier können Sie das Manuskript lesen:
Krisztina Köbis, Einwohnerin von Salomfa
Jetzt leben wir hier in dem ehemaligen Dorf.
Das ist Salomfa, im Südwesten Ungarns. In den 1970er Jahren wohnten hier noch neun Familien. Später starb das Dorf aus. Es gibt nur noch einen Feldweg, der hierherführt. Genau diese Leere zog Krisztina und Jens-Uwe Köbis an. Sie verliebten sich in eine übrig gebliebene Ruine und zogen vor drei Jahren hierher.
Jens-Uwe Köbis, Einwohner von Salomfa
Das Dach musste neu gemacht werden. Das halbe Dach fehlte, drinnen gab es nur die Betonwände. Die Fenster und Türen waren alt. Alles hatte acht Jahre lang offen gestanden. Das Haus war nicht einmal abgeschlossen. Die ganze Stromleitung, die Kabel waren rausgerissen, alles war geplündert. Also wir haben komplett vom Boden angefangen und alles aufgebaut, jetzt ist alles neu.
Inzwischen leben hier Ziegen, Schafe, Schafböcke, Hunde, Hühner, Pferde und Kühe mit den beiden zusammen. Das Paar kann sich fast vollständig versorgen und muss den Hof kaum noch verlassen.
Krisztina Köbis
Das Fleisch, die Eier, das Gemüse - im Grunde haben wir alles. Ich mache unseren eigenen Käse, Quark und saure Sahne. Eigentlich müssen wir nur Mehl, Zucker, und Grundnahrungsmittel kaufen, weil wir sie noch nicht selbst produzieren.
Ach Gott! Wäre ich 20 Jahre jünger, könnten wir das auch schaffen.
Früher arbeitete Uwe als LKW-Fahrer. Er ist in der DDR geboren und aufgewachsen. Nach der Wende zog er in die Schweiz.
Jens-Uwe Köbis
Ich fand, dass die Menschen in der Schweiz sehr geldgierig waren. Ich war dort nicht glücklich, weil wir uns nicht willkommen fühlten. Wir kamen aus einem kommunistischen Regime und sie konnten damit nichts anfangen. So machte ich mich nach einer Weile auf den Weg, und kam nach Ungarn, weil wir hier damals alle unseren Ferien verbrachten.
In Ungarn lernte er Krisztina kennen. Auch sie hatte die Schnelllebigkeit in Budapest satt.
Krisztina Köbis
Nur wenn man seine Komfortzone verlässt – und ich ermutige jeden, aus seiner Komfortzone herauszutreten –, nur dann sieht man eine ganz andere Welt um sich herum. Du siehst die Käfer im Gras, du hörst die Vögel, du schaust in den Himmel, die Düfte entfalten sich, du riechst, wenn der Regen kommt. Du nimmst Dinge wahr, die du sonst nicht wahrnehmen würdest, weil diese überfrachtete Matrixwelt das nicht zulässt.
Jens-Uwe Köbis
Das hier ist nicht nur ein Lebensstil, sondern das Leben. Was man in der Stadt hat, ist ein Lebensstil, aber kein Leben.
Eine Sache wünschen sie sich noch: Gesellschaft. Denn eine Selbstversorgung ist erst dann wirklich vollständig machbar, so sagen sie, wenn sich drei oder vier Familien zusammentun und jede ihre eigene Aufgabe bekommt. Den Überschuss an Produkten könnten sie dann unter sich tauschen. Ihr Ziel ist, ganz auf Geld zu verzichten.
Krisztina Köbis und Jens-Uwe Köbis
Zu leben, frei zu leben. Darum geht es.