Was bedeutet eigentlich Umma?
16. Oktober 2015"Hi Leute, heute möchte ich mit euch über das Thema Islam sprechen. In den Medien lese ich immer wieder viele verschiedene Dinge: Terrorismus, Salafismus, Dschihad. Was ist denn das überhaupt?"
Hatice Schmidt will ihren jungen Zuschauern den Islam in all seinen Facetten näher bringen - obwohl sie auf ihrem YouTube-Kanal sonst eher Schminktipps für Smokey Eyes und ebenmäßiges Make-up verteilt. In ihrem neuen Video aber hält sie Titelblätter großer deutscher Nachrichtenmagazine in die Kamera und stellt eine rhetorische Frage an ihre Fans:
"Gibt es nur diese eine Seite – oder hat der Islam auch eine andere Seite zu bieten?"
Für die 28-jährige YouTuberin, die selbst bekennende Muslima ist, gibt es noch andere, weniger beleuchtete Aspekte. Deshalb möchte sie von nun an jede Woche einen neuen Begriff aus der Welt des Islam erklären. Los geht es mit der Umma, der islamischen Gemeinschaft. Schnell räumt Hatice mit dem ersten Vorurteil auf:
"Es geht dabei nicht ausschließlich um muslimische, sondern auch um christliche und jüdische Gemeinschaften. Von einigen Gelehrten wurde Umma auch als Begriff für die Menschheit im Allgemeinen verwendet."
Gegen Hass und Stereotype
Hatice Schmidt bemüht sich um eine freundliche, positive Umgangsweise mit einer Religion, die in vielen Medien eindimensional und stereotypisiert dargestellt wird. Der Pressesprecher der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), Daniel Kraft, erklärte gegenüber der Deutschen Welle (DW), wieso das so wichtig ist: "Jugendliche werden in den Sozialen Medien, gerade wenn es um Diskurse geht, die den Islam zum Thema haben, häufig mit ausgrenzenden und diskriminierenden Meinungen und auch extremistischen Positionen konfrontiert." Diese Äußerungen würden die Wirklichkeit, die Vielfalt und Unterschiedlichkeiten innerhalb der muslimischen Gemeinschaften in Deutschland oft ausblenden.
In Hasskommentaren auf sozialen Netzwerken entladen sich Vorurteile besonders heftig. Und da Facebook diese Kommentare bislang nicht löscht, werden Jugendliche wie Erwachsene ungefiltert mit rassistischen Inhalten konfrontiert.
"Bei einigen jungen Menschen können Radikalisierungsprozesse die Folge sein", erklärt Daniel Kraft. "Hier bestehen auch Wechselwirkungen zwischen der als attraktiv empfundenen Einfachheit extremistischer Ideologien auf der einen Seite und muslim- und islamfeindlichen Diskriminierungs- und Diskreditierungserfahrungen auf der anderen Seite."
Identifikationsbilder der Digital Natives
Um diesem Trend zu begegnen, baut die Bundeszentrale für politische Bildung auf YouTube-Berühmtheiten wie Hatice Schmidt, Mr.Wissen2Go und natürlich den Star des Szene, LeFloid. Der 27-jährige Berliner hat für seine Videos 2,7 Millionen Abonnenten. Ihnen erklärt er auf satirische Art und Weise die Tagespolitik. Sein einstündiges Interview, das er im Sommer mit der Bundeskanzlerin führte, wurde über vier Millionen Mal aufgerufen. Das sind vier Millionen sogenannte Digitale Natives, die sich auf diesem Weg mit Politik auseinandersetzen können – und wollen.
Die Generation derjenigen, die bereits mit sozialen Netzwerken aufgewachsen ist, identifiziere sich mit LeFloid und Co, meint Professor Neuberger. "Die Leute sind oft im gleichen Alter, haben sozusagen Vorbildcharakter - was ganz wichtig für die Orientierung ist. Sie wirken oft viel authentischer. Das kann man auch an den YouTube-Channeln selbst sehen, die ja oft sehr interaktiv sind, insofern als dass immer wieder Anregungen und Rückmeldungen aus der Community aufgegriffen werden. Diese Interaktion, die da stattfindet, ist sehr viel enger als in klassischen TV-Formaten."
Vertrauen im Netz
Dennoch ist Glaubwürdigkeit im Netz ein Problem. Studien sehen traditionelle Medien, wie Tageszeitungen und Radio in Punkto Vertrauen noch immer weit vor dem Internet als Informationsplattform. Hier komme es jedoch sehr auf den einzelnen YouTube-Kanal an und denjenigen, der als Mittler von Informationen auftritt, argumentiert Christoph Neuberger. "Wir haben im Internet eine enorme Heterogenität. Da ist es sicherlich die große Herausforderung, dieses Vertrauen zu schaffen. Das geht durch eine kontinuierlich hohe Qualität und auch durch die Art, wie YouTuber mit Kritik umgehen und immer wieder auch eigene Unsicherheiten Fragen artikulieren."
Die Bundeszentrale für politische Bildung setzt deshalb auf YouTuber, die bereits Erfahrung in der Vermittlung von Informationen und gesellschaftspolitischen Zusammenhängen haben. Hatice Schmidt wiederum habe "eine starke persönliche Motivation, sich mit den über den Islam geführten Diskursen auseinanderzusetzen." Die junge Muslima schafft Vertrauen, indem sie stets ehrlich interessiert ist – und sich gemeinsam mit ihren Zuschauern auf die Suche nach einem vielfältigen Islam begibt.
"Also, haut alles in die Kommentare, damit eure Fragen und meine Fragen nicht offen bleiben. Ich bedanke mit fürs Reinschalten und sage Tschüss und bis zum nächsten Mal – mit euch!" So verabschiedet sich Hatice Schmidt.