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HandelGlobal

Weihnachtsschokolade wird teurer, aber Kakaobauern leiden

Nik Martin
23. Dezember 2024

Der hohe Schokoladenpreis - ausgelöst durch eine schlechte Kakaoernte und knappe Düngemittel - hat Auswirkungen auf das Weihnachtsgeschäft. Einen bitteren Nachgeschmack haben Kakaobauern in Afrika, die weniger verdienen.

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Karton mit Weihnachtsmännern aus Schokolade in einem Supermarktregal
Mehr als 160 Millionen Schokoladen-Weihnachtsmänner werden allein in Deutschland pro Jahr produziertBild: CHROMORANGE/picture alliance

Der Lebensmitteleinkauf in der Weihnachtszeit könnte im Vergleich zu den vergangenen Jahren diesmal entspannter ablaufen. Schließlich hat die sinkende Lebensmittelinflation in vielen Ländern dazu beigetragen, dass die Festtagsbudgets nicht noch mehr belastet werden. Außer, wenn es um Schokolade geht!

Während sich die Verbraucher in Deutschland mit Vorräten für die Feiertage eindecken, berichteten lokale Medien in dieser Woche, dass für einen Kinder-Schokoladen-Weihnachtsmann fast 50 Prozent mehr fällig sind. Noch vor dem Start der Weihnachtseinkäufe warnte die britische Verbraucherorganisation Which?, dass sich die Preise für manche Tafeln und edle Schokoladengeschenkboxen in Großbritannien fast verdoppelt haben.

Ein französischer Schokoladenhersteller erklärte kürzlich gegenüber der regionalen Tageszeitung Ouest France, dass er jetzt bis zu 12.000 Euro (12.700 US-Dollar) pro Tonne Kakao - dem Hauptbestandteil von Schokolade - zahlt, während es vor einem Jahr noch 3000 Euro waren.

Schlimmster Albtraum für "Schokoholiker"

Es wirkt so, als ob die Welt von einer großen "Kakaoflation" erfasst worden ist. Und wenn man auf einzelne Rohstoffhändler hört, dann wird es noch viel schlimmer.

Kern des Problems ist eine große Verknappung bei Kakao nach einer katastrophalen Ernte in Westafrika, die durch die Viruserkrankung Cacao swollen shoot Virus (CCSV) verursacht wurde, die sich von Baum zu Baum ausbreitet und die Ernteerträge in nur zwei Jahren um 50 Prozent verringern kann.

Ghana: Nachhaltigkeit im Kakaoanbau

Neben dem Klimawandel hat auch eine durch das El-Nino-Wetterphänomen ausgelöste besonders feuchte Regenzeit zu Ernterückgängen geführt. Außerdem sind Düngemittel nach dem russichen Einmarsch in die Ukraine knapper geworden, weil der Krieg die Exporte über das Schwarze Meer immer wieder unterbrochen hat.

Kakao-Futures an der Londoner Intercontinental Exchange (ICE) wurden in der vergangenen Woche mit 8363 britischen Pfund (10.671 US-Dollar, 10.136 Euro) pro metrische Tonne gehandelt, was einer Verfünffachung des Preises gegenüber Dezember 2022 und fast einer Verdreifachung in den letzten zwölf Monaten entspricht.

"Der jüngste Anstieg ist auf die Sorge zurückzuführen, dass die Zwischenernte in der Elfenbeinküste und Ghana hinter den Erwartungen zurückbleiben könnten. Das würde den potenziellen Produktionsüberschuss in den Jahren 2024/25 verringern", so Steve Wateridge, Leiter der so genannten Soft Commodities-Forschung bei Tropical Research Services in London, gegenüber der DW.

Kakaobaum-Virus ist eine "Katastrophe" für die Bauern

Wateridge bezeichnete die Folgen der Kakaobaum-Krankheit CCSV als "Katastrophe" und fügte hinzu, dass "anscheinend wenig getan wird, um die Ausbreitung in der Elfenbeinküste und in Ghana einzudämmen, so dass sich die Situation in Zukunft nur noch verschlimmern wird".

Michele Nardella, Direktor der Abteilung für Wirtschaft und Statistik bei der Internationalen Kakao-Organisation (ICCO), ist der Meinung, dass es jetzt entscheidend ist, Nachhaltigkeitsprogramme unter den Erzeugern in Afrika voranzutreiben, um deren Anbaumethoden zu verbessern.

"Kleinbauern sind sich nicht unbedingt über die Auswirkungen von CCSV auf die Erträge im Klaren und wissen vielleicht nicht, wie man sie eindämmen kann", so Nardella, der in Abidjan lebt, gegenüber der DW. "Sie zögern vielleicht, sie [die Kakaobäume] zu entwurzeln, weil Kakao ihre einzige Einkommensquelle ist".

Pierre Andurand, Gründer und Chief Investment Officer von Andurand Capital Management, warnte kürzlich in der Financial Times vor einem "mehrjährigen strukturellen Defizit zwischen Angebot und Nachfrage bei Kakaobohnen" und dass "viel höhere Preise kommen werden".

Andurand sagte, dass die weltweite Kakaoproduktion in der Saison 2023-24 bereits um 13 Prozent gesunken sei. Die Lagerbestände bei Kakaoschoten liegen ihm zufolge in Europa und den USA bei nur 25 Prozent des Niveaus vom Dezember 2023. Das sei der niedrigste Stand seit Beginn der Aufzeichnungen.

Süße Schokolade – bitterer Nachgeschmack

Andere Kakaopreisbeobachter, wie der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI), der die Interessen von mehr als 200 Süßwarenherstellern vertritt, befürchten, dass die Produktionszahlen "unzuverlässig" sein könnten.

"Es gibt widersprüchliche Zahlen über die gesamte Ernte in Westafrika. Während einige Schätzungen auf Rückgänge hindeuten, ist die Ankunft der Lieferungen von den Farmen in den Häfen - ein sehr wichtiger Indikator - im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich gestiegen", so der BDSI in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der DW.

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) schätzt, dass von jedem Euro, der für eine Tafel Schokolade ausgegeben wird, nur etwa sieben Cent an die Kakaobauern gehen, während die Hersteller und Händler etwa 80 Cent erhalten.

Ghana stemmt sich gegen Schmuggel

Die Bauern in Ghana, dem zweitgrößten Kakaoproduzenten der Welt nach der Elfenbeinküste, haben in Erwartung höherer Preise begonnen, ihre Kakaobohnen zu horten, was den Versorgungsengpass noch verstärkt hat.

Vor kurzem kündigte die ghanaische Regierung eine Erhöhung der Zahlungen an Landwirte um fast 50 Prozent an. So soll das Horten und der Schmuggel in benachbarte Länder, wo die Kakaopreise höher sind, verhindert werden. Nach Angaben von Cocobod, dem ghanaischen Kakaoverband, hat Ghana in der vergangenen Saison mehr als ein Drittel seiner Kakaoproduktion durch Schmuggel verloren.

Bislang hat sich der Preisdruck nur begrenzt auf die Nachfrage ausgewirkt. In Deutschland stieg der Pro-Kopf-Verbrauch von Schokolade von knapp über 9 Kilogramm (19,8 Pfund) im Jahr 2018 auf fast 9,9 Kilo im Jahr 2023, so der BDSI. Separate Daten des Marktforschungsunternehmens NIQ deuten darauf hin, dass der Schokoladenabsatz in den letzten 12 Monaten um 1,3 Prozent gesunken ist.

Nach Angaben des in Chigago ansässigen Marktforschungsunternehmens Circana ist der Schokoladenabsatz in den Vereinigten Staaten bis Juni um 5,5 Prozent zurückgegangen, wobei die diesjährige Hauptsaison noch nicht berücksichtigt ist.

Ghana Ostregion 2024 | Kakaobauer breitet Bohnen zum Trocknen in der Sonne aus
Ghana zahlt den Bauern höhere Preise, um das Horten und den Schmuggel von Kakaobohnen zu bekämpfenBild: Xu Zheng/Xinhua/picture alliance

Ernte auf neuen Anbauflächen erst in Jahren in Sicht 

Die Konkurrenz wartet unterdessen nur darauf, die Produktion hochzufahren, wenn die Kakaoerträge in Westafrika weiter einbrechen. Nardella von der ICCO stellte fest, dass "die Produktion in Afrika zurückgegangen ist, während sie in Asien und Ozeanien konstant blieb und in Lateinamerika anstieg".

Einige Landwirte in Indien, auf die derzeit nur 1 Prozent der weltweiten Kakaobohnenproduktion entfällt, sehen die Engpässe als Chance. Und während die Produktion in Indonesien, dem drittgrößten Kakaoproduzenten der Welt, 2010 ihren Höhepunkt erreichte, versucht die Regierung, den Sektor durch die Subventionierung von Programmen zur Wiederanpflanzung von Kakaobäumen zu fördern. Von Januar bis Oktober verdoppelten sich die indonesischen Kakaoexporte im Vergleich zum Vorjahr und erreichten laut Jakarta Post einen Wert von 2 Milliarden Dollar.

"Die Landwirte in anderen Teilen der Welt haben bereits reagiert", so Wateridge, ein hoch angesehener Kakaoexperte, gegenüber der DW. "Dieses Jahr erwarten wir eine Rekordproduktion in Ecuador, Peru, Kamerun, Nigeria, der Demokratischen Republik Kongo und Uganda."

Aber selbst wenn große Flächen für die Anpflanzung von Kakaobäumen zur Verfügung gestellt werden, dauert es in der Regel vier Jahre, bis man ernten kann. Die aktuelle Krise dürfte also noch andauern.

Wateridge schätzt, dass der jüngste Kakaopreisanstieg erst mit sechs- bis neunmonatiger Verzögerung bei den Verbrauchern ankommen wird. Das bedeutet, dass die Weihnachtsschokolade im nächsten Jahr noch teurer werden könnte.

"Die beiden wichtigsten Faktoren werden sein, ob sich der Zustand der Zwischenernte weiter verschlechtert und ob die höheren Preise den Konsum während der wichtigsten Konsumperioden Weihnachten, Valentinstag und Ostern erheblich beeinträchtigen", sagte er gegenüber der DW.

Dieser Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert