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Wider die Angst

Ute Schaeffer2. Dezember 2008

Sie werden bedroht, geschlagen und eingesperrt - Aktivisten, die gegen Mugabe kämpfen. Unter ihnen viele Frauen - wie Jenni Williams. Für ihren Mut hat sie den Menschenrechtspreis von amnesty international erhalten.

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Jenni Williams von WOZA - "Women and Men of Zimbabwe arise" (Foto: ai)
Jenni Williams von WOZA - "Women and Men of Zimbabwe arise"Bild: AI

Die Polizeiwachen und Gefängnisse in Simbabwe kennt Jenni Williams gut. Als Koordinatorin der Nichtregierungsorganisation "Women and Men of Zimbabwe arise" (WOZA) wurde Jenni Willams mehr als 15 Mal inhaftiert in den vergangenen Jahren. So auch vor der Stichwahl, als Robert Mugabes Parteigenossen um ihre Macht im Staat fürchten mussten, weil die Opposition unter Morgan Tsvangirai nach dem ersten Wahlgang vorne lag. Jeder, der sich frei äußern wollte, musste mit Gewalt rechnen - politische Aktivisten wie die Frauen und Männer von WOZA waren besonders bedroht.

Für Jenni Williams steht das soziale und politische Leben in Simbabwe unter diesen traumatischen Gewalterlebnissen: "Angst spürt man überall in den Straßen von Simbabwe. Überall tragen die Menschen diese existentielle Angst mit sich herum. Wir müssen diese Angst, die zur Gewohnheit geworden ist, durchbrechen, wir müssen uns wieder für das Leben entscheiden."

Arbeiter versuchen einen Platz in einem privaten Minibus zu bekommen - die Preise der öffentlichen Verkehrsmittel steigen derzeit fast täglich (Foto: dpa)
Arbeiter versuchen einen Platz in einem privaten Minibus zu bekommen - die Preise der öffentlichen Verkehrsmittel steigen derzeit fast täglichBild: picture-alliance/ dpa

"Women and Men of Zimbabwe arise"

Für die unerschrockene Art, die Missstände in Simbabwe zu benennen, hat Jenni Williams mit ihrer Organisation WOZA in diesem Jahr den Menschenrechtspreis von amnesty international (ai) erhalten. WOZA ist längst zu einer regelrechten Bewegung geworden: 2003 gegründet, hat sich der Kreis ihrer Anhänger auf 35.000 Menschen vergrößert, die sich für eine Verbesserung der sozialen, wirtschaftlichen und menschenrechtlichen Situation in Simbabwe einsetzen.

Am Anfang von WOZA stand eine Gruppe von Frauen. Dies sei kein Zufall. Gerade Frauen und Mütter seien von der Missachtung der Grundrechte besonders betroffen. Täglich kämpften sie ums Überleben ihrer Kinder, oftmals würden sie von ihren frustrierten Männern geschlagen. WOZA solle ihnen ein Forum bieten, in dem sie sich äußern und die Regierung zur Rechenschaft ziehen könnten. Die Organisation solle allen Simbabwern ein Beispiel sein und zeigen, dass es einen Weg gäbe, seine Meinung zu sagen.

Ein Mädchen sucht nach Essensresten auf einer Müllhalde in Chitungwiza, 25 Kilometer östlich der Hauptstadt Harare (Foto: dpa)
Ein Mädchen sucht nach Essensresten auf einer Müllhalde in Chitungwiza, 25 Kilometer östlich der Hauptstadt HarareBild: picture-alliance/ dpa

Der politische Wandel ist spürbar

Ein Weg, der für die Mitglieder von WOZA mit vielen Schikanen verbunden ist. Einmal im Monat gehen die Männer und Frauen der Organisation auf die Straße, demonstrieren friedlich gegen die Politik von Diktator Mugabe. Immer wieder wurden sie deshalb bereits festgenommen, dennoch: 2008 sei ein unumkehrbarer politischer Wandel spürbar. Der Wahlsieg der Oppositionspatei MDC beim ersten Wahlgang im März, der politische Kompromiss, der durch den Beschluss einer Regierung der nationalen Einheit gefunden wurde und der Machtverlust für Mugabe.

"Er war immer so etwas wie ein allmächtiges Wesen gewesen, der nie zulassen würde, dass er durch Wahlen entmachtet würde. Mit den Entwicklungen in diesem Jahr hat sich das geändert: die katastrophale Wirtschaftskrise hat ihn aus seiner Position gedrängt." Mittlerweile sei Mugabes Unterstützung nicht nur in seiner eigenen Partei - sondern sogar bei den Sicherheitskräften - brüchig. Er kontrolliere zwar noch die Oberen in den Armeen, die einfachen Soldaten jedoch nicht mehr. "Viele von ihnen machen ihre Ausbildung und suchen dann den schnellsten Weg nach Südafrika, um dort ein Auskommen zu finden", weiß Jenni Williams.

Robert Mugabe im Wahlkampf (Foto: AP)
Robert Mugabe im WahlkampfBild: AP

Tsvangirai - Instrument der ZANU-PF?

Morgan Tsvangirai - Kopf der oppositionellen Bewegung für Demokratischen Wandel (MDC) und Hoffnungsträger vieler Menschen (Foto: AP)
Morgan Tsvangirai - Kopf der oppositionellen Bewegung für Demokratischen Wandel (MDC) und Hoffnungsträger vieler MenschenBild: AP

Die Entwicklungen auf der politischen Ebene, durch die Oppositionsführer Tsvangirai jetzt zum Regierungschef wurde, sieht Williams mit gemischten Gefühlen. Sie befürchtet, dass Mugabe den von der Gebergemeinschaft geschätzten Tsvangirai als Instrument missbrauche. Die Mugabe-Partei ZANU-PF habe ihn auf einen Posten gehoben, damit die internationale Gemeinschaft die gezielten Sanktionen gegen Mugabe und die Parteigenossen aufhebe und die Hilfe ins Land zurückkehre. Jenni Williams hofft, dass die internationale Gemeinschaft nicht in diese Falle tappe.

Bisher habe die allmächtige Einheitspartei ZANU-PF kontrolliert, wer die Lebensmittel der ausländischen Hilfsorganisationen bekam - nach einem ebenso einfachen wie diskriminierenden Prinzip: wer einen Parteiausweis besitze, erhalte auch Essen.

Jede Anerkennung von außen verdient

Auf die vielfachen Proteste der Bevölkerung im ganzen Land reagiere auch die neue Regierung mit willkürlichen Verhaftungen, Misshandlungen, schlechten Haftbedingungen und unfairen Anklagen. Es wird noch länger dauern, bis sich an der Situation insgesamt etwas ändere. Um so mehr haben Jenni Williams und die mutige simbabwische Zivilgesellschaft, für die sie steht, jede Anerkennung und Unterstützung von außen verdient. Sie sei heute noch am Leben, weil die internationale Gemeinschaft durch die Menschenrechtsorganisation "ai" und die Medien von ihrer Arbeit erfahren habe, betont Jenni Williams.