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Spanische Salatgurken sorgten für Infektionen

27. Mai 2011

Auf spanischen Gurken wurde der gefährliche Darmkeim EHEC nachgewiesen. Es ist aber weiter unklar, wie der Erreger ans Gemüse kam: in Spanien, auf dem Transportweg oder am Zielort.

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Salatgurken in einer Kiste (Foto: dpa)
Salatgurken aus Spanien sollen EHEC verbreitet habenBild: picture-alliance/dpa

Nachdem Hamburger Lebensmittelkontrolleure auf Salatgurken aus Spanien EHEC festgestellt hatten, gab die Bundesregierung am Freitag (27.05.2011) keine Entwarnung. Es bleibe weiter unklar, wo und wie die Bakterien auf die Gurken gelangten. Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums warnte, man müsse davon ausgehen, "dass die Infektionsquelle noch aktiv sein könnte". Im Ministerium erwarte man deshalb einen weiteren Anstieg bei den EHEC-Erkrankungen. In Deutschland erkrankten laut Robert-Koch-Institut bisher rund 270 Menschen. Hinzu kommen bundesweit rund 700 EHEC-Verdachtsfälle. Die Zahl bestätigter EHEC-Todesfälle in Deutschland verdoppelte sich auf sechs. Auch in anderen europäischen Ländern erkrankten einige Menschen - bislang immer solche, die sich in Deutschland aufgehalten hatten.

Eine Hand hält eine Petri-Schale mit einer Darmbakterienkultur (Foto: dapd)
Nicht alle Darmbakterien sind so gefährlich wie der EHEC-ErregerBild: dapd

Bei Untersuchungen des Hamburger Hygiene-Instituts wurden bei drei Gurkenproben, darunter die einer Bio-Gurke, die gefährlichen Bakterien nachgewiesen. Eine weitere Gurke mit EHEC-Keimen konnte zunächst nicht eindeutig zugeordnet werden. Die Gurkenproben stammten vom Hamburger Großmarkt. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit habe nach dem Fund in Hamburg unverzüglich eine Schnellwarnung an die Bundesländer und die EU-Staaten verschickt, so ein Sprecher des Verbraucherministeriums. Die Behörden arbeiteten nun unter Hochdruck daran, mithilfe von Lieferlisten den Weg der Ware zurückzuverfolgen. Belastete Produkte müssten unverzüglich vom Markt genommen werden.

Bauern kritisieren Robert-Koch-Institut

Verbraucherschutzministerin Ilse Aiger wies unterdessen Kritik am Robert-Koch-Institut zurück. Das Institut hatte in den vergangenen Tagen vor dem Verzehr von Gurken, Tomaten und Blattsalaten in Norddeutschland gewarnt. Die Behörden seien verpflichtet, die Bevölkerung frühzeitig zu informieren, wenn eine Erkrankung mit Todesfolgen und Intensivfällen droht. Der Präsident des Bauernverbands, Gerd Sonnleitner, hatte die Warnung als "schwere Kommunikationspanne" bezeichnet.

Ersten Schätzungen zufolge drohen der deutschen Landwirtschaft Einnahmeeinbußen in Millionenhöhe. Nach Angaben des Bauernverbands belaufen sich die Verluste derzeit auf zwei Millionen Euro pro Tag. Gemüsebauern müssen geerntetes Gemüse teilweise vernichten, weil die Nachfrage eingebrochen ist. Der Schaden für die Landwirte könne laut Bauernverband kaum größer sein, da Mai und Juni zu den wichtigsten Verkaufsmonaten gehörten. Deshalb treffe der Schaden die Bauern deutlich mehr, als wenn die Infektion im Winter ausgebrochen wäre.

Suche nach dem Erreger läuft weiter auf Hochtouren

Die Mikrobiologen am Hamburger Hygiene-Institut, die den Erreger auf den Gurkenproben nachweisen konnten, rechnen erst in der nächsten Woche mit Erkenntnissen, ob die Bakterienstämme mit denen der erkrankten Patienten übereinstimmen. Die Wissenschaftler konnten den EHEC-Stamm auf den Gurken inzwischen bereits identifizieren: Es handele sich um den Serotyp O104, der in Deutschland sehr selten sei. Insgesamt sind 42 Varianten des Erregers bekannt.

Nach dem Bakterienfund auf Gurken spanischer Herkunft überprüfen die Behörden dort zwei Betriebe, die Gemüse nach Deutschland geliefert hatten. Eines der betroffenen Unternehmen erklärte, eigene Tests hätten keine Verunreinigung ergeben. Man vermute, dass die Erreger in Deutschland an die Gurken gelangt seien. Der Firma läge eine E-Mail des Hamburger Großhändlers vor, wonach 180 Kisten mit Gurken von einem Transporter gekippt und auf den Boden gefallen waren. Außerdem gab der Betrieb zu bedenken, dass die deutschen Proben zweieinhalb Wochen nach der Auslieferung vorgenommen wurden, als die Ware schon halbverschimmelt in einem Lager gestanden hätte.

Die spanischen Behörden schlossen die beiden Betriebe am Freitag bis auf weiteres. Eine Untersuchung sei eingeleitet worden, teilte die EU-Kommission mit.

Keine Entwarnung für Tomaten und Salat

Rispentomaten (Foto: dpa)
Auch Tomaten kommen als EHEC-Überträger infrageBild: picture alliance/dpa

Das Bundesinstitut für Risikobewertung gibt weiterhin keine Entwarnung für andere Gurken sowie Blattsalate und Tomaten. Wer wirklich sicher gehen wolle, sollte überall in Deutschland auf den Verzehr dieser Gemüse verzichten, sagte ein Sprecher der Behörde am Donnerstag in Berlin. "Es ist gut, dass man ein Lebensmittel mit einem starken Verdacht belegen kann. Aber deshalb bleiben die anderen nicht außen vor", so der Sprecher.

Das Bundesumweltamt prüft außerdem, ob die gefährlichen Keime auch ins Trinkwasser gelangen könnten. Ausscheidungen von EHEC-Erkrankten gelangen durch Toilettenspülungen ins Abwasser. Bisher geht man davon aus, dass dass die Kläranlagen mit den Bakterien fertig werden.

EHEC breitet sich in Nordeuropa aus

Der EHEC-Keim breitete sich in den vergangenen Tagen von Norddeutschland auch in umliegende Länder aus. Nachdem am Donnerstagmorgen in Dänemark der erste Infektionsfall gemeldet wurde, erklärte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums in Kopenhagen nun, dass bei etwa zehn weiteren Menschen der Verdacht auf eine Infektion bestehe. Auch in Schweden sind nach Angaben der Gesundheitsbehörden mehrere Menschen an dem Darmkeim erkrankt. Die zum Teil "schwer Erkrankten" hätten sich bei Reisen nach Deutschland angesteckt. Zu Beginn der Woche sei eine Reisegruppe von zwölf Golfspielern mit den typischen Symptomen von einer Reise nach Norddeutschland zurückgekehrt. Die schwedischen Behörden riefen daher zu besonderer Vorsicht bei Reisen nach Deutschland auf. Die EU-Kommission in Brüssel teilte mit, dass sich der EHEC-Erreger auch in den Niederlanden ausbreite.

Autorin: Gönna Ketels (afp, dapd, dpa, rtr)
Redaktion: Thomas Grimmer