Wird die Todesstrafe abgeschafft?
Für Menschenrechts-Organisationen ist eines selbstverständlich: Die Todesstrafe ist unfair, rassistisch und teuer. Dass auch das American Law Institute (ALI) dies 2009 zum ersten Mal aussprach, war eine Sensation. Denn als die USA 1974 erneut die Todesstrafe einführten, berief man sich auf die Zustimmung des ALI aus dem Jahr 1962. Das ALI besteht aus 4000 Juristen. Es interpretiert Gesetze und gibt die Richtlinie für alle 50 US-Bundesstaaten vor.
Noch immer werden in den USA Menschen hingerichtet. In 15 Staaten wurde die Todesstrafe aber bereits ganz abgeschafft. In den restlichen 35 Bundesstaaten ist sie noch Gesetz - 3000 Menschen sitzen in den Todeszellen. Vollstreckt wird sie aber immer seltener. Dennoch sind zwei Drittel der Amerikaner bei Umfragen fast regelmäßig für die Todesstrafe.
Richard Dieter, Direktor des "Death Penalty Information Centers", meint, dass die Amerikaner die Todesstrafe trotzdem immer öfter kritisieren. Viele Menschen haben Angst, Unschuldige zu verurteilen. Tatsächlich werden immer mehr Fälle bekannt, in denen im Nachhinein klar wurde, dass der Verurteilte unschuldig war. Über 130 Menschen wurden seit 1973 aus der Todeszelle entlassen, weil sie zu Unrecht schuldig gesprochen wurden.
Noch hat die neue Einstellung des ALI die Rechtsprechung der USA nicht beeinflusst. Aber Richard Dieter ist sich sicher: "Wir werden an einen Punkt kommen, wo die Todesstrafe die Ausnahme ist (…)." Er glaubt, dass der Supreme Court die Todesstrafe irgendwann abschaffen wird, wenn auch das ALI sie nicht mehr unterstützt. Aber das, so Dieter, passiert nicht in ein oder zwei Jahren, eher in zehn. Für viele zum Tode Verurteilte wird es dann schon zu spät sein.
Glossar
Todesstrafe, die - das Töten von Menschen als Bestrafung für ein Verbrechen
etwas abschaffen - entscheiden, dass es etwas nicht mehr geben soll
etwas für gescheitert erklären - sagen, dass etwas kein gutes Konzept ist
Sensation, die - ein ganz besonderes und überraschendes Ereignis
optimistisch sein - positive Erwartungen haben; glauben, dass etwas gelingen wird
rassistisch - so, dass jemand aufgrund seiner Herkunft benachteiligt wird
etwas einführen - hier: beginnen, etwas zu benutzen
sich auf etwas berufen - sich auf etwas Gesagtes beziehen
Jurist/in, der/die - jemand, der Rechtswissenschaft studiert hat (z.B. ein Rechtsanwalt)
etwas interpretieren - hier: erklären, wie ein Gesetz verstanden werden soll
eine Richtlinie vorgeben - genau bestimmen, wie etwas gemacht werden soll
jemanden hinrichten - jemanden töten, der zum Tode verurteilt wurde
Todeszelle, die - der Ort, an dem ein Verurteilter eingesperrt ist, bis er hingerichtet wird
etwas vollstrecken - etwas durchführen; hier: jemanden töten
für etwas sein - etwas gut finden
jemanden verurteilen - sagen, dass jemand schuldig ist
jemanden entlassen - hier: jemanden freilassen
jemanden schuldig sprechen - jemanden → verurteilen
Einstellung, die - hier: die Meinung; die Ansicht
Rechtsprechung, die - die Gesetzgebung
Fragen zum Text
1. Das "American Law Institute" bestimmt, …
a) welche Menschen zum Tode verurteilt werden.
b) wie die amerikanischen Gesetze angewandt werden sollen.
c) ob die Todesstrafe abgeschafft werden soll.
2. Obwohl in den USA 3000 Menschen in Todeszellen sitzen …
a) werden sie für unschuldig erklärt.
b) wird die Todesstrafe immer seltener vollstreckt.
c) ist das ILA gegen eine Abschaffung der Todesstrafe.
3. Immer mehr Amerikaner haben Angst, dass …
a) Unschuldige schuldig gesprochen werden könnten.
b) Menschen aus Todeszellen entlassen werden.
c) die Todesstrafe irgendwann abgeschafft wird.
4. In 35 Bundesstaaten der USA werden Menschen …
a) vollstreckt.
b) hingerichtet.
c) verurteilt.
5. Viele … sitzen jahrelang in der Todeszelle.
a) zum tode verurteilte
b) zum Tode verurteilte
c) zum Tode Verurteilte
Arbeitsauftrag
Die Verben "jemanden zu etwas verurteilen" und "jemanden/etwas verurteilen" haben eine unterschiedliche Bedeutung. Schlagen Sie diese im Wörterbuch nach. Bilden Sie mit jedem Begriff mindestens zwei Sätze.
Christina Bergmann/Lukas Völkel
Redaktion: Raphaela Häuser