Wohin steuert der iranische Tanker?
30. August 2019Die Irrfahrt im Mittelmeer geht weiter: Nach der Freigabe durch die Briten vor elf Tagen hat der iranische Öltanker anscheinend zum dritten Mal seinen Kurs geändert. Das geht aus Daten der Website Marine Traffic hervor, die Positionen von Schiffen verfolgt. Demnach läuft die in "Adrian Darya 1" umbenannte "Grace 1" auf die Hafenstadt Iskenderun im Südosten der Türkei zu. Die Stadt liegt rund 200 Kilometer nördlich der syrischen Raffinerie Banijas. Das türkische Außenministerium erklärte allerdings, das Schiff steuere auf den Libanon und nicht die Türkei zu. Man kaufe kein Öl mehr vom Iran.
Ein langer Weg
Der Supertanker war gut sechs Wochen lang von Großbritannien vor Gibraltar festgehalten worden, weil er mutmaßlich iranisches Öl nach Syrien habe transportieren wollen. Das hätte gegen EU-Sanktionen gegen Syrien verstoßen - ein Vorwurf, den der Iran zurückwies. Nach der Freigabe hatte es zunächst geheißen, das Ziel des Tankers sei die griechische Hafenstadt Kalamata und dann Mersin in der Türkei.
Am Montag hatte die iranische Regierung erklärt, das Öl an Bord der Adrian Darya 1- zwei Millionen Barrel - sei verkauft worden. Der Eigner des Tankers bestimme nun den Kurs. In wessen er Besitz sich befindet, ließ die Regierung in Teheran offen. Am Donnerstag änderte die Adrian Darya 1 dann abrupt ihren Kurs und vollzog beinahe eine Kehrtwende weg von der türkischen Küste. An diesem Freitagmorgen war das Schiff westlich von Zypern unterwegs und unternahm ein ähnliches Manöver.
Noch Hoffnung für Atomabkommen?
Die Festsetzung der Adrian Darya 1 Anfang Juli hatte sich in eine Serie von Zwischenfällen mit Handelsschiffen in der Golfregion eingereiht. Danach hatte der Iran seinerseits ein britisches Tankschiff in der Straße von Hormus zwischen dem Iran und der arabischen Halbinsel festgesetzt. Dort waren seit Mitte Juni auch mindestens sechs Schiffe durch Explosionen beschädigt worden. Die USA und verbündete Staaten machen den Iran für die Zwischenfälle verantwortlich. Sie haben die Präsenz von Marineschiffen in der Region, darunter auch ein US-Flugzeugträger, deutlich erhöht.
Die Tankerkrise in der Straße von Hormus hängt auch mit dem Konflikt um das iranische Atomabkommen zusammen - dieses hatte US-Präsident Donald Trump im Mai 2018 einseitig aufgekündigt und danach harte Wirtschaftssanktionen gegen die Islamische Republik verhängt, die vor allem auf den Ölsektor abzielen.
Die europäischen Garantiemächte des Atomabkommens mit dem Iran kommen an diesem Freitag kurzfristig zu Beratungen zusammen. Sie wollen Gespräche darüber führen, wie die Vereinbarung erhalten werden könne, teilte die britische Regierung mit. Das deutsche Außenministerium sprach auf Twitter davon, "das Dialogfenster weiter aufstoßen" zu wollen, wenn der Iran seine Verpflichtungen wieder einhalte.
ie/fab (rtr,afp)