Wowereit neuer Aufsichtsrat-Chef für Problemflughafen Berlin
13. Dezember 2013Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ist erneut Chef des Kontrollgremiums für den Großflughafen BER in Berlin geworden. Das beschloss der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg. Damit kehrt Wowereit zurück auf seinen alten Posten, den er aufgrund von Baumängeln und des mehrfach verschobenen Eröffnungstermins erst im Frühjahr 2013 räumen musste. Wowereit war einziger Kandidat für die Position, die von einem Gremium der drei öffentlichen Gesellschafter Bund, Berlin und Brandenburg ernannt wird. Zuletzt hatte er das Amt bereits kommissarisch inne, weil sein Vorgänger Matthias Platzeck (SPD), ehemaliger Ministerpräsident des Landes Brandenburg, aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten war.
Vom Bruchpiloten zum Problemlöser?
Wowereit wird damit erneut Chefaufseher jener Flughafenbaustelle südlich von Berlin, die hierzulande längst zum Synonym für gescheiterte Großbauprojekte geworden ist. Dazu beigetragen hat die mehrfache Verschiebung des Eröffnungstermins: Erst sollte im Juni 2012 Berlins Tor zur Welt eröffnet werden, dann mehrfach wenige Monate später. Anfängliche Pläne hatten sogar einen Regelflugverkehr ab dem Winterflugplan 2011 vorgesehen.
Besonders mangelhafte Brandschutztechnik hatte aber zur kurzfristigen Absage aller Eröffnungstermine geführt, was einige Rausschmisse führender Projektverantwortlicher zur Folge hatte. Im März wurde Hartmut Mehdorn, einst Radikalsanierer des Staatskonzerns Deutsche Bahn, zum operativen Flughafenchef ernannt.
Vor der Wiederwahl Wowereits hatten die Aufsichtsratsmitglieder die Baustelle in Berlin-Schönefeld in Augenschein genommen. Wowereit sagte dabei, es seien jetzt „Fortschritte deutlich zu erkennen.“ Er bezog diese Äußerung vor allem auf die Verlegung von Kabeln und deren Brandschutz, also jenen Baumängeln, die ganz besonders im Fokus des öffentlichen Interesses stehen.
Nebst den Baumängeln muss sich der neue und alte Aufsichtsratschef Klaus Wowereit aber auch für eine beispielslose Kostenexplosion des Großprojekts rechtfertigen. Wurden noch 2004 die Gesamtkosten des Projekts auf 1,7 Milliarden Euro veranschlagt, gehen die Projektverantwortlichen jetzt von rund 4,3 Milliarden Euro aus. Nach bisher unbestätigten Zeitungsberichten soll damit aber noch nicht Schluss sein: Auf über 4,8 Milliarden Euro Gesamtkosten belaufen sich letzte Schätzungen, und viele bezweifeln, dass damit das Ende Kostenexplosion bereits erreicht ist. Eine Bestätigung gibt es von der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg aber nicht: „Diese Zahl kommt nicht von uns“, sagte Flughafensprecher Ralf Kunkel am Donnerstag auf Nachfrage. Zusatzkosten werden im Bereich eines verbesserten Schallschutzes für Anwohner erwartet, ebenso wie für den längeren Baustellenbetrieb sowie für Umplanung und Schadensersatzforderungen. Mitte Dezember will die Geschäftsführung des Flughafens dem Aufsichtsrat ein überarbeitetes Finanzkonzept vorlegen, im Januar könnte erneut ein möglicher Eröffnungstermin benannt werden.
Flughafen-Testbetrieb an Januar 2014
Kostenexplosion und Baumängel auf der Flughafenbaustelle waren im Sommer bereits Thema eines eigens vom Abgeordnetenhaus Berlins eingesetzten Untersuchungsausschusses. Wowereit stritt damals eine persönliche Verantwortung für das Flughafen-Debakel ab und sieht darin das Resultat einer Verkettung vieler einzelner Fehlentscheidungen. Eine Sicht, die in der öffentlichen Meinung keinen Widerhall findet. Im August 2013 stimmte der Aufsichtsrat des Flughafens dem Plan zu, den Betrieb ab Frühjahr 2014 stufenweise aufzunehmen. Flughafenchef Hartmut Mehdorn kündigte an, die Vorbereitungen ab Januar anlaufen zu lassen. Bei Probeläufen soll so „später mit Tausenden von Personen“ der reibungslose Betrieb getestet werden, sagte Mehdorn einem Fachmagazin. Nach der Inbetriebnahme sollen 27 Millionen Passagiere im Jahr auf dem Berliner Großflughafen starten und landen. Der Willy-Brand-Flughafen soll dann die beiden älteren Flughäfen Schönefeld und Tegel ersetzen. Nicht wenige Beobachter aber schätzen, dass sich die Berliner und ihre internationalen Gäste bis zur tatsächlichen Eröffnung noch in Geduld üben müssen: ein vollständige Freigabe des Flugbetriebs vor 2016 gilt vielen Experten als unmöglich. Daran dürfte auch der alte und neue Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Wowereit wenig ändern können.