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Zahlen, Daten und Fakten zu Syrern in Deutschland

9. Dezember 2024

Fast eine Million Syrerinnen und Syrer leben in Deutschland, eine der größten Migrantengruppen. Wie sind sie integriert, wo leben sie und was würde ihre Rückkehr nach Syrien bedeuten? Die wichtigsten Fakten.

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Eine Menschenmenge schwenkt syrischen Fahnen.
Syrer feiern in Berlin den Sturz des Assad-RegimesBild: dts-Agentur/picture alliance

Seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs im Jahr 2011 sind Millionen Syrer geflüchtet. Während die meisten als Binnenflüchtlinge in Syrien verblieben oder in Nachbarländern wie der Türkei, dem Libanon, Jordanien, dem Irak und Ägypten Zuflucht suchten, hat in Europa insbesondere Deutschland viele Flüchtlinge aufgenommen.

Wie viele Syrer leben in Deutschland?

Wie das Bundesinnenministerium der DW mitteilte, lebten Ende Oktober diesen Jahres mehr als 974.000 Syrerinnen und Syrer in Deutschland. Nach Informationen des Statistischen Bundesamtes galten Ende 2023 rund 712.000 von ihnen als Schutzsuchende. Dazu zählen alle Ausländer, die sich unter Berufung auf humanitäre Gründe in Deutschland aufhalten, darunter Asylbewerber im Verfahren, abgelehnte Asylbewerber sowie Personen, die vorläufigen Schutz genießen.

Ein erheblicher Teil dieser Menschen kam während der Flüchtlingswelle 2015 nach Deutschland, als mehr als 320.000 Syrer hier Schutz suchten. Während viele von ihnen inzwischen einen dauerhaften Aufenthaltstitel besitzen, befindet sich ein kleinerer Teil im Duldungsstatus. Dies bedeutet, dass ihr Aufenthalt zwar vorübergehend gestattet ist, ihre rechtliche Situation jedoch unsicher bleibt. Diese Gruppe hat oft nur eingeschränkten Zugang zu Arbeit und Ausbildungsmöglichkeiten.

Unter den Eingebürgerten waren syrische Staatsangehörige im vergangenen Jahr die größte Gruppe, erklärte das Statistische Bundesamt. Ihre Zahl stieg auf 75.500. Im Durchschnitt lebten sie hierzulande 6,8 Jahre, bevor sie den deutschen Pass bekamen. Bis Ende 2023 erhielten insgesamt mehr als 160.000 Syrerinnen und Syrer die deutsche Staatsbürgerschaft. 

BAMF stoppt Asylanträge wegen Assad-Sturz

Syrien war 2024 auch erneut das wichtigste Herkunftsland von Asylsuchenden. Bis November wurden nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes fast 75.000 Asylanträge von Syrern gestellt, gefolgt von Afghanistan mit 34.300 und der Türkei mit etwa 29.600 Anträgen. Insgesamt wurden nach Angaben des Bundesinnenministeriums 5090 Syrerinnen und Syrer bis Ende Oktober dieses Jahres als Asylberechtigte anerkannt. 

Allerdings hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) am 09.12., einen Tag nach dem Sturz des Assad-Regimes, die Asyl-Entscheidungen für syrische Bürger ausgesetzt. Betroffen sind laut der Behörde 47.270 Asylanträge von Syrern, die noch nicht entschieden sind; darunter rund 46.000 Erstanträge. Für bestehende Entscheidungen hat die neue Lage in Syrien dagegen derzeit keine Auswirkungen.

Insgesamt wurden in Deutschland in diesem Jahr bislang rund 236.000 Asylanträge gestellt. Ukraine-Flüchtlinge sind darin nicht enthalten, weil sie ohne Asylverfahren einen temporären Schutz-Status erhalten. 

Durchschnittsalter 25 Jahre

Syrische Geflüchtete in Deutschland sind mehrheitlich männlich. Nur etwa 41 Prozent sind Frauen. Insgesamt sind die Syrer in Deutschland tendenziell jünger als die Allgemeinbevölkerung: Ihr Durchschnittsalter liegt bei rund 25 Jahren. 37 Prozent sind minderjährig.

Willkommene Hilfe nach der Flut

Von denen, die zwischen 2017 und 2023 Asyl in Deutschland beantragt haben, waren nach BAMF-Informationen mehr als 60 Prozent verheiratet. Viele Kinder von syrischen Geflüchteten sind in Deutschland geboren: Zwischen 2019 (als die Erhebung begonnen wurde) und 2024 waren das etwa 56.200 Kinder.

Mehr als 60 Prozent der Syrer, die seit 2015 Asyl in Deutschland beantragt haben, sind arabisch. Etwa ein Drittel gehört zur kurdischen Minderheit. Eine klare Mehrheit von mehr als 90 Prozent ist muslimischen Glaubens, weniger als zwei Prozent sind Christen und rund ein Prozent Jesiden.

Wo leben Syrer in Deutschland?

Die Mehrheit der Syrer lebt in Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg, die aufgrund der Bevölkerungsdichte - was vor allem für Nordrhein-Westfalen gilt - und der besseren Angebote auf dem Arbeitsmarkt besonders attraktiv sind.

Große Städte wie Berlin, München und Hamburg bieten außerdem Zugang zu Unterstützungsprogrammen und Netzwerken. Ländliche Regionen sind meist weniger beliebt, weil sie weniger Integrationsangebote und Jobmöglichkeiten bieten​.

Zwei Männer aus Syrien setzten Metallelemente zusammen. Hinter ihnen beobachtet ein Mann ihre Arbeit.
Ein Ausbilder beobachtet die Arbeit von zwei Syrern während ihres Praktikums in der Metallwerkstatt der Handwerkskammer Bild: Jan Woitas/dpa/picture alliance

Im Verhältnis zu anderen Flüchtlingsgruppen gelten syrische Geflüchtete als gut qualifiziert. Fast die Hälfte der Menschen, die zwischen 2015 und 2017 nach Deutschland kamen, hatten ein Gymnasium oder eine Hochschule abgeschlossen. Bei Geflüchteten, die später nach Deutschland kamen, waren es mehr als ein Drittel. Im Schuljahr 2022/23 besuchten rund 186.000 syrische Schüler eine allgemeinbildende Schule in Deutschland, weitere 50.000 eine Berufsschule.

Sprachbarrieren und Anerkennungsprobleme

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit waren im vergangenen Mai etwa 226.600 Syrerinnen und Syrer sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Insofern zahlen sie unter anderem in die Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung ein. Rund 279.600 waren bei der Arbeitsagentur Ende November 2024 als "arbeitsuchend" gemeldet. Von ihnen gelten 155.100 als "arbeitslos" und stehen damit dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. 

Zwei Syrer schieben zwei Seniorinnen im Rollstuhl durch einen Gang.
Syrische Flüchtlinge helfen in einem bayerischen Pflegeheim Bild: Nicolas Armer/dpa/picture alliance

Viele arbeiten in Branchen wie Bau, Gastronomie oder Pflege, wobei auch das Interesse an Weiterbildung und beruflicher Qualifikation stark zunimmt​. Die größten Beschäftigungshürden sind Sprachbarrieren und Anerkennungsprobleme bei syrischen Abschlüssen​.

Rückkehr könnte Krise im Gesundheitswesen verschärfen

Besonders im Gesundheitswesen spielen syrische Arbeitskräfte eine wichtige Rolle, weil sie dringend benötigte Arbeiten übernehmen. Besonders durch spezialisierte Ausbildungsprogramme konnten viele in Pflegeberufen Fuß fassen.

Sollten sie aufgrund des Endes der Assad-Diktatur in ihre Heimat zurückkehren wollen oder müssen - wie dies einige Politiker bereits fordern - könne sich der bestehende Fachkräftemangel im Gesundheitssystem verschärfen. Das Bundesministerium für Gesundheit beklagt, dass schon jetzt in Pflegeberufen rund 200.000 Stellen unbesetzt sind. 

Ralf Bosen, Redakteur
Ralf Bosen Autor und Redakteur