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Zulan: "Alle echten Mongolen sind Musiker"

Adelheid Feilcke22. September 2015

Zusammen mit ihrer Band "Mongolism" führt die mongolisch-stämmige Musikerin Zulan ihre Musik in Bonn und Berlin auf. Im Gespräch mit der DW verrät sie, was es mit ihrem neuen Werk "Amila" auf sich hat.

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China Zulan Komponistin
Bild: DW/A. Feilcke

Deutsche Welle: Sie komponieren und musizieren mit Ihrer Band "Mongolism". Welche Elemente bringen Sie in Ihrer Musik zusammen?

Zulan: Unsere Band kombiniert hauptsächlich mongolische Kultur und Musik mit modernen westlichen Kompositionstechniken, um eine neue musikalische Form zu erschaffen.

Sind die Musiker Ihrer Band selbst Mongolen, mit mongolischer Musik vertraut?

Außer dem Cellisten sind alle Musiker in der Band aus der Inneren Mongolei.

Was ist das Besondere, für Sie Reizvolle, an der mongolischen Musik?

Erstens hat die mongolische Musik ihre eigenen akustischen Ausdrucksmöglichkeiten. Es gibt Stücke, die nur mit mongolischen Instrumenten gespielt werden, zum Beispiel die Pferdekopfgeige - das Morin Khuur - oder andere mongolische Schlag-, Blas- oder Streichinstrumente. Das zweite Merkmal ist die Vokalmusik, das Singen. Es gibt traditionelle Urtin Duu und unterschiedliche andere Formen von mongolischem Kehlkopfgesang. Aber egal, in welcher Form sie präsentiert wird, hat mongolische Musik ein prägendes Merkmal: Sie ist harmoniebetont. Nehmen wir als Beispiel den mongolischen Kehlkopfgesang. Der Darsteller erzeugt zwei Stimmen - einen Grundton und gleichzeitig die Obertöne - und baut somit Harmonien auf. Auch das Morin Khuur spielt mit anderen Instrumenten nach harmonischen Prinzipien zusammen.

In Ihrer Musik ist das mongolische Element also stark vertreten. Ihre Band heißt sogar "Mongolism". Wie reagieren die Menschen in China auf diesen Stil?

Es ist eine Art akademischer Musik, und die Menschen empfinden, dass es etwas ganz anderes ist. Und sie mögen das. Sie finden es speziell und seltsam, denn sie können nicht zur Musik tanzen und singen. Sie können nur fühlen, was wir ihnen anbieten. Für die Zuhörer in China ist diese Musik schön und sehr mächtig. Es ist nicht die Art Unterhaltungsmusik, die man sich anhört und nachsummt, wenn man nach Hause fährt.

Nun arbeiten Sie im Campus-Projekt des Beethovenfests mit dem Bundesjugendorchester zusammen und haben dafür im Auftrag der Deutschen Welle eine Komposition geschrieben: großes Orchester und Kammermusik, China und Deutschland. Was bedeutet diese Zusammenarbeit für Sie?

Für das deutsche Bundesjugendorchester ein Stück zu komponieren, ist eine neue Entwicklung und eine neue Herausforderung für mich und meine Musik. Wenn ein großes Orchester ein Stück mongolische Musik spielt, wird sie schon in meiner Vorstellung lauter. Und ich habe dadurch auch mehr Möglichkeiten, meine Ideen zu verwirklichen.

Der Titel der Auftragskomposition ist "Amila". Auch Ihr Sohn heißt "Amila". Was bedeutet dieser Name?

Das Werk hat tatsächlich mit meinem Sohn zu tun. Mein Lebensgefühl und meine Rolle im Leben haben sich durch seine Geburt sehr verändert. Deshalb wollte ich gern ein Stück schreiben, das sich auf ihn bezieht. "Amila" heißt auf mongolisch "Gibt Leben". Ich finde, dass dieses Wort einen besonderen Sinn hat. Für mich markiert unsere Kooperation mit dem Orchester auch eine neue Schöpfungsphase, deshalb finde ich diesen Name sehr passend.

China Zulan Komponistin
Bild: DW/A. Feilcke

Die Komposition wird beim Beethovenfest Bonn uraufgeführt, in der Geburtsstadt des Komponisten. Im Januar waren Sie in Bonn und haben die Stadt und Beethovens Geburtshaus gesehen. Was hat das bei Ihnen ausgelöst?

Als ich war das Haus besichtigte, hat es mich näher an Beethoven gebracht. Ich habe seine Sehnsucht nach Leben gespürt. In meiner Vorstellung war er ein kleiner und schwacher Mann, der aber viel erlebt hat. Ich habe viele seiner Portraits gesehen, die zu unterschiedlichen Lebensphasen entstanden sind, habe die Veränderungen gesehen, insbesondere, nachdem er taub geworden war. Aber seine Stücke bleiben immer sehr lebendig, und diese Lebenskraft will ich auch in meiner Komposition hervorheben.

Ich mag Beethoven persönlich sehr gerne. Die Kraft in seiner Musik und die direkte Ausdrucksweise passen zu meinem musikalischen Geschmack. Um eine Atmosphäre zu erzeugen, wählt er mächtige und direkte Klänge. Und je nachdem, was ich schreibe, bevorzuge ich es auch, starke Gefühle und Leidenschaft auszudrücken.

Neben dem Kompositionsauftrag für das Bundesjugendorchester werden Sie und Ihre Band auch ohne Orchester auftreten. Was erwartet die Zuhörer?

In Berlin wird unsere Band Mongolism ein Konzert geben. Es wird sehr direkt und kraftvoll sein, so wie Beethoven. Wir spielen mongolische Musik, die wir mit modernen westlichen Musiktechniken kombinieren.

Sie betonen das Kraftvolle und Mächtige in der mongolischen Musik. Was wir im Westen von dieser Musik kennen, ist eher männlich besetzt. Ist das für Sie als Frau eine besondere Herausforderung?

Mongolischer Komponist zu sein ist etwas Besonderes. Aber alle echte Mongolen sind Musiker. Jeden Gegenstand können sie zu jeder Zeit als Musikinstrument benutzen. Und wenn sie den Mund aufmachen, können sie schon singen. Mongolen mögen es, Kraft und Esprit zu zeigen. Kraft und Esprit sind sehr wichtig, nicht nur für Komponisten sondern auch für Nomaden. Ihr Lebensraum ist schwierig, sie müssen innerlich, auch körperlich, stark sein. Nur dann kannst du in dieser Umgebung überleben.